Der Maschinenbau war einer der wichtigsten Industriezweige der DDR. Er war sowohl für die landeseigene metallverarbeitende Industrieproduktion als auch für den devisenbringenden Export ins Nicht-Sozialistische-Wirtschaftsgebiet (NSW) – also ins westliche Ausland – wichtig. Die DDR verstand und propagierte sich als Industrieland. Da es auf dem Gebiet der DDR mit Ausnahme der Braunkohle nur sehr begrenzte Rohstoffvorkommen gab, war die Herstellung von lukrativen Exportgütern und der Aufbau entsprechender Industriezweige ein zentrales Element der Wirtschaftspolitik der DDR. Für die zahlreichen Kombinate des Maschinenbaus wurden stets viele Auszubildende gesucht.
Es war ein facettenreicher Beruf, in dem man in metallverarbeitenden Berufen in unterschiedlichsten Bereichen arbeiten konnte: auf Schiffswerften, beim Waggonbau der Reichsbahn, in der Auto-oder Schwerindustrie. Sehr ähnlich ist der Beruf des Maschinen-und Anlagenmonteurs.
„Die Facharbeiter sind die Masse der Werktätigen mit Qualifizierung. Sie zeichnen sich durch sozialistisches Bewusstsein und ein entsprechendes Verhalten aus, verfügen über eine hohe Allgemeinbildung, gefestigtes politisches Wissen sowie umfassende berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten.“
Definition Jugendlexikon DDR
Als Maschinenbauer brauchte man Aufmerksamkeit, Geduld, eine hohe Leistungsbereitschaft, Interesse an Technik und Physik. Außerdem sollten Herz-Kreislauf-System und der Bewegungsapparat gesund sowie Hör- und Sehkraft nicht beeinträchtigt sein. Auch Schichtarbeit sollte man nicht scheuen, denn gerade in diesem Wirtschaftszweig war das eher die Regel als die Ausnahme.
Für die Zulassung zur Ausbildung war ein Zehnklassenabschluss notwendig. Ausschlaggebend bei der Bewerbung war das beglaubigte Zeugnis der neunten Klasse. Vier Monate vor der Bewerbung hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, sich von einem Betriebsarzt auf Berufstauglichkeit untersuchen zu lassen. Übrigens wählte in vielen Berufssparten eine spezielle Kommission die Auszubildenden aus.
Lehrvertrag für einen sechzehnjährigen Auszubildenden in Berlin-Lichtenberg vom 01.09.1986. Die Berufe Maschinenbau und Anlagenmonteur waren sehr ähnlich.
Quelle: privat
Anhand von Montagezeichnungen und -anleitungen montierte der Maschinenbauer vorgefertigte Bauelemente zu kompletten Baugruppen sowie zu vollständigen Maschinen, Maschinensystemen und Aggregaten. Dazu gehörten auch hydraulische, pneumatische, elektrische und elektronische Steuer- und Regelungsanlagen. Er trug die Verantwortung für die einwandfreie Funktion und die Arbeitssicherheit dieser Maschinen. Deshalb bestand eine weitere wesentliche Tätigkeit in der Überprüfung und Erprobung der vollen Funktionstüchtigkeit der Maschinen und Automatisierungseinrichtungen. Dabei waren alle wichtigen technologischen und ökonomischen Aspekte zu berücksichtigen. Maschinenbauer arbeiteten vorwiegend im Mehrschichtsystem. Die unterschiedlichen Arbeitstätigkeiten, die sie ausführen mussten, bedingten, dass sie innerhalb eines Betriebes meistens nicht an einen festen Arbeitsplatz gebunden waren. Im Arbeitsprozess wechselten sich häufig manuelle und maschinelle Tätigkeiten ab.
Arbeit an der Drehmaschine. Dreher im VEB Automobilwerk Eisenach, 1974, DDR.
Quelle: Roger Melis Nachlass
Die Berufsausbildung zum Facharbeiter fand in sogenannten Betriebsberufsschulen (BBS) statt. Das waren Einrichtungen der Berufsausbildung, die den volkseigenen Betrieben (VEB) und Kombinaten angeschlossen waren. In 440 Ausbildungstagen wurde an 144 Tagen theoretischer Unterricht und an 279 Tagen berufspraktischer Unterricht erteilt. Prüfungsfächer waren z. B. Staatsbürgerkunde, Sport, Betriebsökonomik, sozialistisches Recht, Grundlagen der Automatisierung und andere berufsspezifische Fächer. Qualifizieren konnte man sich danach bei vorbildlichen Facharbeiterleistungen und gesellschaftlichen Aktivitäten sowie entsprechender Eignung zum Lehrfacharbeiter, Brigadier, Gütekontrolleur oder – sehr beliebt – zum In- und Auslandskundendienstmonteur, außerdem zum „Meister der sozialistischen Wirtschaft“ u.a. für die Fachrichtungen Maschinenbau, Maschinen- und Anlageninstandsetzung bzw. Feinwerktechnik sowie – im militärischen Bereich – zum Berufsunteroffizier mit einem Abschluss in verschiedenen technischen Fachrichtungen. Machte man die Facharbeiterausbildung mit Abitur, dauerte die Ausbildung sogar 669 Tage mit einem wesentlich höheren Theorieanteil, exakt 399 Tage, aber nur 253 Tagen Praxis. Bei beiden Ausbildungsvarianten musste man eine vormilitärische Ausbildung von 17 Tagen absolvieren. Ein weiterführendes Studium konnte man an einer der Ingenieurhochschulen der DDR in den verschiedenen Fachrichtungen des Maschinenwesens sowie in der Elektrotechnik, Werkstoffkunde, Verfahrenstechnik, im Bauwesen, Verkehrswesen und -technik, in der Verfahrenschemie und Betriebswirtschaft aufnehmen. Das Studium zum Diplomingenieur bzw. Diplomingenieurökonom war produktions- und praxisorientiert und dauerte vier Jahre.
Im Maschinenbau lagen die Durchschnittseinkommen von Absolventen eines Ingenieursstudiums im Jahr 1975 zwischen 850 und 921 Mark.
VEB Kombinat Werkzeugmaschinenbau „Fritz Heckert“. Arbeiter montieren eine elektronische Steuerung. Karl-Marx-Stadt 1987, DDR.
Quelle: IMAGO / Harry Härtel
Moderne Maschinen galten in der DDR-Industrie als Voraussetzung für die Steigerung der Produktion und die Sicherung des Wohlstands. Der Maschinenbau erfuhr deshalb besondere staatliche Förderung. Bei Erfindungen für die Textil-, Verpackungs- und Druckmaschinenindustrie rangierten die DDR-Betriebe in den Jahren 1983 bis 1988 noch vor bundesdeutschen Unternehmen. Der Werkzeugmaschinenbau in der DDR hatte eine Exportquote von 70% und lag mit einem Anteil von 6,7% an den Weltexporten auf Rang 5 vor den Vereinigten Staaten. Im Schwermaschinenbau gab es Sektoren, in denen DDR-Unternehmen technisch führende Positionen einnahmen.
Die maßgebliche Rolle in der Entwicklung und Produktion von Maschinen spielte für das Renommee der DDR in der internationalen Öffentlichkeit eine wichtige Rolle. Und auf die Devisen aus dem gewinnbringenden Export ins – nicht nur sozialistische – Ausland war das Land ökonomisch angewiesen. Durch die ständige Steigerung der Exportraten für hochwertige Maschinen konnte jedoch der eigene Bedarf nicht gedeckt werden, so dass immer mehr Betriebe in der DDR mit z.T. völlig überalterten Maschinen produzieren mussten. Das war auch ein Grund, der zum wirtschaftlichen Ende der DDR beitrug.
Mit Flachglasexporten wollte die DDR Devisen auf dem EWG-Markt erwirtschaften. Dazu wurde der volkseigene Betrieb VEB Flachglaskombinat mit westlicher Technologie nachgerüstet. Die Float-Anlage stammte aus England, die Schneidanlage aus der BRD, während die adaptierte Steuer- und Regeltechnik aus dem DDR-Kombinat Robotron kam. Da auch das heimische Wohnungsbauprogramm beliefert werden musste, war eine zweite Float-Anlage in Planung. Foto: Arbeiter mit Flachglasbahn vor Zuschnitt. Torgau 1989, DDR.
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Klaus Mehner
Durch veraltete Technologien in der Produktion und den hohen Bedarf an Arbeitskräften waren nur wenige in der DDR hergestellte Güter auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig. Die meisten Maschinenbaubetriebe der DDR gingen nach der Wiedervereinigung schnell pleite. Lukrative Betriebsteile wurden von westlicher Konkurrenz übernommen. Im Jahr 2000 ging mit der SKL Motoren- und Systemtechnik GmbH Magdeburg die letzte große Maschinenbaufirma in Insolvenz.
Schweißarbeiten in der Montagehalle des VEB Kombinat Umformtechnik in Erfurt, 1978, DDR.
Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung / Uwe Gerig
F60 war die Bezeichnung einer ab 1978 im VEB TAKRAF Lauchhammer für den Braunkohlentagebau gebauten Förderbrücke. Sie war eine der größten mobilen Arbeitsmaschinen der Welt. Wegen ihrer maximalen Länge von 654 Metern auch „liegender Eiffelturm“ genannt, wog sie ohne Bagger 13.500 Tonnen.
Rund 55.000 Tonnen Braunkohle wurden täglich im Tagebau gefördert. Im Jahr 1987 waren es im Arbeiter- und Bauernstaat insgesamt 309 Mio. Tonnen. Damit war die Republik selbsternannter Weltmeister. Bis zum Jahr 2000 mussten 13.5000 Menschen aus 85 Ortschaften dem Bergbau weichen. Jänschwalde im Bezirk Cottbus, 1988, DDR.
Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung / Klaus Mehner
#5 Frieda: Das Ding aus Licht, Raum, Klang und Leder