Da es in der DDR nur wenige private Telefonanschlüsse gab, die Wege zu den Freund:innen oder Verwandten häufig umständlich waren, schrieb man sich Briefe, Karten und Telegramme oder sendete Päckchen und Pakete. Deshalb war der Postfacharbeiter eine wichtige Person für die Kommunikation. Trotz allem lag über diesem Berufszweig ein großer Schatten, denn Briefe und Telegramme, besonders wenn sie aus dem Ausland kamen, wurden vom Ministerium für Staatssicherheit – dem Geheimdienst der DDR – systematisch kontrolliert. Wenn sie aufgrund der Adresse oder äußerer Merkmale als verdächtig galten, wurden sie geöffnet und der Inhalt kopiert oder auch einbehalten.
„Die tägliche Post war voller Überraschungen, da konnte alles drin sein, Liebesbriefe, Lebenszeichen alter Freunde...“ oder auch mal Westgeld!
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Man musste nicht unbedingt gut in der Schule sein, ein einfacher Abschluss der 8. Klasse reichte aus, aber gut zu Fuß. Neben belastbaren Gliedmaßen und einer guten körperlichen Konstitution für die langen Wege durch Dörfer und Stadtbezirke, brauchte man auch Zuverlässigkeit und ein besonderes Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen für die Arbeit an den Briefverteilmaschinen in den Postämtern. Frühes Aufstehen für die Mitarbeitenden in der Abteilung Zustellung war selbstverständlich.
Übergabe von Facharbeiterbriefen bei der Deutschen Post, 1974
Quelle: © Deutsche Fotothek / Christian Borchert
1984 gab es in der DDR 9604 Poststellen, 2261 Postämter, 30 Hauptpostämter, 15 Fernmeldeämter (FMA, eines in jedem Bezirk der DDR), sowie 81 Postämter mit Fernmeldeamt.
Als Postfacharbeiter arbeitete man je nach Tätigkeit in den Post – oder Fernmeldeämtern oder in einer Poststelle. Man organisierte die Beförderung und die Zustellung von Postsendungen und Presseerzeugnissen. Dazu gehörten das Stempeln und Verteilen der Post, die Entleerung der Briefkästen und der Transport der Sendungen per Auto, Fahrrad oder eben zu Fuß. Auch der Verkauf von Zeitungen, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen war Teil der Aufgaben. Im Postamt selbst nutzte und bediente man diverse Maschinen wie Förderbänder, Aufzüge und Gabelstapler, die selbstverständlich auch gewartet werden mussten.
Eine junge Frau stempelt im Briefverteileramt /Briefzentrum in der Zinnowitzer Straße im Berliner Stadtbezirk Mitte Briefe.
Quelle: © ddrbildarchiv / Ulrich Winkler
Die Ausbildung dauerte zweieinhalb Jahre und gliederte sich in Theorie und Praxis. Im theoretischen Unterricht wurden Kenntnisse in Betriebsökonomie, Verkehrsgeografie sowie Betriebs- und Verkehrskunde erworben. Im berufspraktischen Unterricht wurde man in der Brief-und Kleingutbearbeitung, im Zustellungsdienst und im Postzeitungsvertrieb geschult und erwarb die entsprechenden Befähigungs- und Berechtigungsnachweise für die dort eingesetzten Geräte und Maschinen. Die letzten Monate der Ausbildung erfolgten dann am zukünftigen Arbeitsplatz. Weiterbilden konnte man sich über den Erwerb des 10. Klasse-Abschlusses und über ein Fachschulstudiums in Leipzig zum Hauptzusteller, zum Gruppenleiter im Postbeförderungsdienst oder zum Dienstleister in einer Bahnpost.
Neben Menschen, die den Beruf eines Postfacharbeiters erlernten, konnten auch ungelernte Personen als Postbote arbeiten, und das auch in Teilzeit. Das bot einigen Menschen, die sich dem vorgeplanten Weg in der DDR entziehen wollten oder denen wegen ihrer politischen Haltung oder ihres religiösen Bekenntnisses berufliche Wege versperrt wurden, die Möglichkeit, einer Gelegenheitsarbeit nachzugehen.
Postboten in Ost-Berlin, DDR 1986
Quelle © OSTKREUZ / Harald Hauswald
Die Deutsche Post der DDR war die einzige Einrichtung des Landes, der das Recht zur Beförderung von Briefen, Postkarten, Telegrammen und Paketen zustand. Konkurrenz durch andere Unternehmen hatte die staatliche Einrichtung nicht zu fürchten.
Auch in der DDR war die Wahrung des Briefgeheimnisses in der Verfassung verankert und deren Verletzung stand unter Strafe. Trotzdem wurden Postsendungen systematisch durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überwacht, das dazu mit der Deutschen Post der DDR zusammenarbeitete. Nicht selten erreichten die Empfänger beschädigte Briefe oder geöffnete Pakete. Teilweise verschwanden die Postsendungen, ganz besonders dann, wenn sie aus dem westlichen Ausland kamen.
In der so genannten „Stelle 12“, das waren konspirative Räume innerhalb der Briefverteilämter, durchsuchten hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter:innen in Postuniformen den Briefverkehr. Nach festgelegten Kriterien wurden Sendungen ausgesondert und vom MfS unter Nutzung von Wasserdampf geöffnet, kopiert, durchsucht, wieder verschlossen, der Post übergeben oder eben einbehalten. Die Stasi sammelte dadurch zahlreiche Informationen über die Bevölkerung, behielt aber auch Wertgegenstände und vor allem Geldsendungen ein. Für die Postuntersuchung stand in der Regel ein Verzögerungszeitraum von zwölf Stunden zur Verfügung. Erst danach konnte die Deutsche Post mit der regulären Briefzustellung beginnen. Bei erheblich verzögerten Sendungen wurde das Datum im Poststempel unkenntlich gemacht. Die Mitarbeiter:innen der dafür beim MfS zuständigen Abteilung M verschlossen die geöffneten Briefe sorgfältig und ersetzten gegebenenfalls die Umschläge inklusive Frankierung. Dafür gab es eine eigens angelegte internationale Briefmarkensammlung.
Die Anzahl der vom MfS eingesetzten Mitarbeiter für die Postkontrolle stieg von einigen Dutzend im Jahre 1950 bis DDR-weit auf knapp 2.200 im Jahre 1989. Der höchste Zuwachs erfolgte von 1983 zu 1984 als Folge der Integration der Postzollfahndung in die Abteilung M.
Eine MfS-Mitarbeiterin bügelt wieder verschlossene Briefe. Dadurch sollten Spuren der Öffnung beseitigt werden.
Quelle: BStU, MfS,Abt.M,Fo31, Bild 005
Nach der Wiedervereinigung wurde die Deutsche Post der DDR in die Deutsche Bundespost integriert. Durch Kontakte zu Personalverantwortlichen der Deutschen Post der DDR konnten zwischen Oktober 1989 und Mai 1990 etwa 2.000 ehemalige Stasi-Angehörige noch eine Tätigkeit im Postdienst aufnehmen. Eine spätere Überprüfung der Beschäftigten führte zur Kündigung von ca. 1.700 ehemaligen hauptamtlichen Mitarbeiter:innen des MfS. Zudem wurden 2.324 Mitarbeitende ermittelt, die als Inoffizielle Mitarbeiter:innen (IM) für die Staatssicherheit tätig gewesen waren.
Trabant und Telefonzelle, zwei begehrte Dinge in der DDR waren nach der Wiedervereinigung bald Antiquität.
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Uwe Gerig
Die Staatssicherheit entwendete allein zwischen Januar 1984 und November 1989 eine Summe von 32,8 Millionen DM beim Durchsuchen aus Briefen und Paketen. Vielen Menschen in DDR blieben diese Vorgänge nicht verborgen und so wurden Methoden entwickeltet, vertrauliche Informationen verschlüsselt oder über Umwege zu verschicken.
Mitarbeiter des MfS beim Öffnen und Kontrollieren von Briefen.
Quelle: © Stasi-Unterlagen-Archiv / MfS+Abt_M+Fo+31+Bild_0003
Die verschiedenen Postsendungen waren ein wichtiges Kommunikationsmittel in der DDR. Da viele DDR-Bürger kein Telefon besaßen, war z. B. das Verschicken von Telegrammen die schnellste Möglichkeit, Nachrichten zu übermitteln.
Liebesbrief als Telegramm, NVA Greifswald, 1987
Quelle: © privat
#2 Nadja: Niemals Abitur