Forstfacharbeiter

Beschäftigte (M/W)

Männlich & Weiblich

Ausbildungsdauer (Monate)

36

Schulabschluss (Klassen)

8

Wald- und Forstarbeiter beim Roden von Kiefern im Wald in Grünheide (Mark) im Bezirk Frankfurt Oder, DDR, 1976 Quelle: © ddrbildarchiv / Manfred Uhlenhut

Eigenschaften des Berufes

Kreativität

Kommunikation

Bewegung

Soziales

Gehalt

Politik

Mein Freund, der Wald   

Auch im Wald endete die Politik nicht. Forstfacharbeiter war ein „sozialistischer“ Beruf, denn der Wald gehörte ebenso wie die Betriebe und die Felder zum Volkseigentum und war ein wichtiger Rohstofflieferant für die DDR. Rund 50 verschiedene Baumarten wuchsen auf den 3 Mio. Hektar Forst und die wollten gepflegt und aufgeforstet werden. Der wirtschaftlich wichtigste Baum neben der heimischen Kiefer war in den letzten zwei Jahrzehnten der DDR die Douglasie, obwohl sie eigentlich aus Nordamerika stammte. Ein Forstfacharbeiter verbrachte die meiste Zeit an der frischen Luft. Er arbeitete körperlich hart, entweder mit Handwerkzeugen wie Axt und Motorsäge oder mit großen Maschinen und Fahrzeugen. Seine täglichen Arbeitszeiten richteten sich nach Witterung und Jahreszeit, Schichtbetrieb kam häufig vor. Er hatte keinen festen Arbeitsplatz, sondern betreute ein großes Territorium, in welchem er in einer 5-15 Mann starken Brigade eingesetzt wurde. Die staatlichen Entscheidungen zur Forstpflege, die seine Arbeit bestimmten, hatten immer Auswirkungen über mehrere Generationen hinweg, da ein Baum ein langsam nachwachsender Rohstoff ist.  

Ich glaube, 127 Stück musste ich am Tag schaffen. Im Winter!   


Johannes Herbst, „Harzer“ in der DDR“

Auch der Wald im Grenzgebiet musste gepflegt werden. Grenzpatrouille bei Schnee im Winter im Grenzstreifen im Gespräch mit Forstarbeitern in einem Waldstück in der Nähe von Lindewerra. Die Grenzsoldaten der Grenztruppen der DDR waren ausgerüstet mit AK-47 Maschinenpistolen. DDR, 1988. Quelle: © ddrbildarchiv / Manfred Uhlenhut

Kriterien des Berufs

Einstellungsvoraussetzungen

Erst einmal: Forstarbeiter wurden gesucht! Doch nicht jeder wollte in den Wald. Dafür brauchte es schon eine besondere Liebe zur Natur. In den Gesprächen der Berufsberatung in der DDR wurde dieser Beruf deshalb regelmäßig vorgeschlagen. Alle, die Interesse an diesem Beruf zeigten, sollten ein gutes räumliches Orientierungsvermögen mitbringen, um die Revierkarten lesen zu können, und eine ausgeprägte Beobachtungsgabe besitzen. Ebenfalls wichtig waren ein technisch-praktisches Verständnis, um z.B. in der Lage zu sein, kleinere Fehlfunktionen an Maschinen selbstständig zu beheben. Man musste körperlich fit und das Seh- und Hörvermögen durfte nicht beeinträchtigt sein. Vor Antritt der Ausbildung wurden alle Bewerber von einem Betriebsarzt untersucht. Eine Pollen-Allergie, eine Allergie gegen Chemikalien oder eine chronische Krankheit wie bspw. Rheuma waren Ausschlusskriterien für diesen Beruf.    

Nach dreijähriger Ausbildung an der Betriebsberufsschule des staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes Wismar in Bad Doberan hatten die Lehrlinge solide Kenntnisse in Theorie und Praxis. Hier bei der Frühstückspause im Wald. Bezirk Rostock, DDR, 1972.
Quelle: © Bundesarchiv / Jürgen Sindermann     
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Arbeitsfelder

Das Arbeitsfeld der Forstwirtschaft war sprichwörtlich ein weites Feld. Ein Drittel der Fläche der DDR bestand aus Wald. Dementsprechend viele Mitarbeiter brauchten die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe.Forstfacharbeiter waren dem Forst- bzw. dem Oberforstmeister des jeweiligen Kreises unterstellt und setzten seine Anordnungen bezüglich der Forstpflege um. Zu den Aufgaben eines Forstfacharbeiters zählten die Vorbereitung und Pflanzung von Bäumen in den Baumschulen, Pflegemaßnahmen im heranwachsenden Wald, das Einschlagen, Rücken und Transportieren von Rohholz sowie die Gewinnung von Harz als weiteren Rohstoff. Zu den Pflegemaßnahmen gehörte auch der Einsatz von Forstschutzmitteln (Herbiziden, Pestiziden) zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten oder Insekten.

Ein anderes Arbeitsfeld war die Mitarbeit bei der Rekultivierung von stillgelegten Braunkohletagebauen. Pflege und Wartung der Entrindungsmaschinen, Traktoren und anderen Gerätschaften waren ebenso Bestandteile des Forstfacharbeiterberufs. Für die Harzgewinnung mussten die Bäume durch Anritzen (Lachten) vorbereitet und Auffangbehälter fürs Harz montiert werden.    

Die Rationalisierung der Forstwirtschaft in der DDR hatte aufgrund des Rohstoffmangels oberste Priorität. Forst in der DDR, 1970-1980
Quelle: © Deutsche Fotothek / Karl-Heinz Böhle
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Aus- und Weiterbildung / Karriere

Die Ausbildung dauerte 3 Jahre und war gegliedert in theoretischen und praktischen Unterricht. Neben den berufsspezifischen Fächern erhielt man Unterricht in Gesellschaftskunde, Biologie, Chemie, Physik, Mathematik und Deutsch. Im berufspraktischen Unterricht wurden Kenntnisse in der allgemeinen forstwirtschaftlichen Produktion, zur Instandhaltung der Maschinen und zur Baumpflanzung vermittelt. Nach der Ausbildung war es möglich, sich in den Produktionsbereichen Forstbaumschulen, Rohholzerzeugung, Rohholzbereitstellung und Harzgewinnung zu spezialisieren und zum Meister ausbilden zu lassen, z. B. zum Platzmeister in Sägewerken, zum Kampmeister in Forstbaumschulen, zum Facharbeiter für Gewinnung von Kiefernrohbalsam (Harz), zum Werkstattmeister im Fuhrpark der Forstbetriebe oder zum Harzmeister.  

Die jungen Pflänzchen wurden in der größten Forstbaumschule des Bezirks Erfurt im wahrsten Sinne des Wortes gehegt und gepflegt. Die 26 Beschäftigten dieser Baumschule lieferten jährlich rund vier Millionen Pflanzen an Reviere in den Bezirken Erfurt und Magdeburg. In der DDR wurden bis 1990 ca. 125.000 Hektar Wald wieder aufgeforstet. DDR, Forstbaumschule Breitenworbis, 1987.
Quelle: Bundesarchiv / ADN ZB Ludwig
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Gehalt & Bedeutung für die Volkswirtschaft

Die Folgen des Zweiten Weltkriegs waren für die Forstwirtschaft der jungen DDR verheerend. Der ostdeutsche Wald war kriegsbedingt übernutzt und zudem von der sowjetischen Besatzungsmacht in weiten Teilen kahlgeschlagen. Das Holz wurde als Reparationsentschädigung in die Sowjetunion transportiert.

Anfang der 1950er Jahre versuchte die DDR mit einem Konzept der naturnahen Bewirtschaftung den klaffenden Lücken im Wald entgegenzusteuern. Auf weiten Flächen wurden schnellwachsende Kiefern und Fichten in Monokulturen gepflanzt, was dem Wald langfristig schadete und Schädlingsbefall begünstigte. Weil Waldarbeiter fehlten, wurde ab Mitte der 1960er Jahre die Pflege und Holzernte rationalisiert. Man bekämpfte Unkräuter oder Schädlinge mit Herbiziden und Pestiziden und versuchte das Baumwachstum durch Düngemittel zu beschleunigen. Das wiederum führte zu einer Belastung des Grundwassers mit Chemikalien und in Verbindung mit den schädigenden Wirkungen der Schwefel- und Stickstoffemissionen der umliegenden Großbetriebe und Kohlereviere zu exzessivem Waldsterben. Holz war jedoch für die DDR einer der wichtigsten Rohstoffe. Im eigenen Land wurde er benötigt für die Baustoff- und Papierindustrie und für den Export ins nichtsozialistische Ausland z.B. für Möbel und Polsterwaren. Die DDR war auf internationale Währungen aus Exporten für bspw. Rohstoffimporte angewiesen. Das Konzept der naturnahen Bewirtschaftung musste wegen der als notwendig betrachteten Maximierung der Holzgewinnung der industriellen Holzerzeugung weichen.

Das Harz der Bäume, auch „Kiefernrohbalsam“ genannt, wurde für die chemische Industrie gesammelt und dort zusammen mit anderen Substanzen zu Waschmittel, Papier, Leimen und Medikamenten verarbeitet. Für 20 Tonnen Harz wurden 20.000 Kiefern „gerötet“, also fischgrätenförmig angeritzt, so dass das Harz aus den Bäumen in dafür angebrachte Eimer abfließen konnte. Insgesamt produzierte die DDR zwischen 12.000 und 15.000 Tonnen Harz pro Jahr.

Eigentlich sollte der Wald der DDR-Bevölkerung als Naherholungsgebiet dienen. Doch die Bewirtschaftung mit schweren Maschinen schränkte den Raum für das natürliche Wachstum und die Regeneration des Waldes stark ein. In der DDR gab es zwar ausgewiesene Landschafts- und Naturschutzgebiete, aber keine Nationalparks mit strengen Naturschutzauflagen. Ein solches Konzept wurde erst 1990 kurz vor dem Ende der DDR entwickelt.

Zudem standen 7,5 % des Waldes unter militärischer Verwaltung, mit eigenen Militärforstwirtschaftsbetrieben. Diese Waldflächen waren militärisches Sperrgebiet und durften deshalb nicht betreten werden. Darüber wachte auch die Staatssicherheit.

Das durchschnittliche monatliche Einkommen eines Forstfacharbeiters betrug 1984 1.077 Mark.  

Die Harzgewinnung war eine in der ganzen DDR verbreitete Art, dem Wald neben Holz noch weitere Rohstoffe abzugewinnen. Harz wurde u. a. für die Chemieindustrie gebraucht. In den Wäldern bei Schwarze Pumpe in der Lausitz, DDR 1958.
Quelle: © Fotoarchiv des Sorbischen Kultur- und Volksbildungsamts / Erich Rinka
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Transformation

Nach Kriegsende 1945 wurde im Zuge der Bodenreform Privatbesitz enteignet und später zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zusammengeführt. Das betraf auch den Wald. Einzig die Kirchen konnten ihre Waldbestände behalten, was etwa 35.000 Hektar ausmachte. Die Kirchen bewirtschafteten ihre Wälder eigenständig. Die Rahmenbedingungen für die Forstwirtschaft in der DDR unterschieden sich stark von denen in der Bundesrepublik. Der Staat hatte wesentlichen Einfluss auf Entscheidungen in diesem Bereich, was erst mit der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten endete.

Nach dem Untergang der DDR gründete sich die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Sie verwaltet und privatisiert seit 1992 die ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Dazu gehören ca. 770.000 Hektar Wald, von denen heute noch 4.200 Hektar im Besitz der BVVG sind. Der Rest wurde verkauft und verpachtet. Außerdem sind heute rund 5% der ostdeutschen Bundesländer Schutzgebiete und ausgewiesen als Nationalparks und Biosphärenreservate. Das wurde 1990 im Einigungsvertrag festgelegt.

Bis zum Jahr 2000 war hier nur ein tiefes tristes Loch, ab 2001 erfolgte die Renaturierung des größten Tagesbausin der Lausitz. Heute ist der Berzdorfer See ein Naherholungsgebiet mit viel Grün. Zur Erinnerung steht ein Schaufelradbagger im ehemaligen Tagebau Berzdorf bei Görlitz, 2021
Quelle: © IMAGO / Sylvio Dittrich  
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Extra 1

SERO

Die Abkürzung SERO stand in der DDR für das VEB Kombinat Sekundär-Rohstofferfassung. SERO hatte ein flächendeckendes Netz aus Ankaufstellen, wo wiederverwertbare Wertstoffe (umgangssprachlich „Altstoffe“) wie Flaschen, Gläser, Altpapier, Alttextilien und Schrott aufgekauft und einer weiteren Verwendung zugeführt wurden. Die SERO-Annahmestellen arbeiteten unter einem einheitlichen SERO-Logo. Das Maskottchen war der rosafarbene Elefant Emmy.

Noch verwertbare Rohstoffe wurden in den DDR-Haushalten meist nicht weggeschmissen, sondern zur nächsten SERO-Annahmestelle gebracht oder Kindern mitgegeben, die die „Altstoffe“ sammelten und sich so ein Taschengeld verdienten.

Auch die Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ organisierte große Altstoffsammlungen, um Geld für Solidaritätsaktionen zu erhalten. Beim regelmäßig stattfindenden Pioniernachmittag war es eine verbreitete Aktivität, zur Altstoffsammlung auszurücken – falls vorhanden mit Handwagen. Die Kinder zogen dann von Tür zu Tür, klingelten und baten um Altstoffe. Ein Kilo alter Zeitungen brachte immerhin 20 Pfennige. Und reichlich Altpapier sammeln, verminderte auch das Fällen von Bäumen.    

„Ostalgie“: Emmy, die rosa Elefantendame, warb ab 1983 für die weit verbreiteten Rohstoffannahmestellen, die unter dem Namen VEB Kombinat Sekundärrohstoffe – kurz SERO – firmierten. Sie trat im DDR-Kinderfernsehen auf, prangte auf Werbetafeln der Annahmestellen und schaffte es sogar auf die Rückseiten der beliebten Altenburger Skatkarten.
Quelle: Museum Digital Sachsen / Heimatwelten Zwönitz      
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Extra 2

WEIHNACHTSBAUM

Ähnlich wie in vielen Ländern mit christlicher Tradition gehörte der Weihnachtsbaum auch in den DDR-Haushalten ins weihnachtliche Wohnzimmer. Wobei das Fest weniger den ursprünglich kirchlichen Charakter aufwies, sondern mehr als Familienfeier mit ausladenden Weihnachtsessen zelebriert wurde. So wurden auf Flächen, auf denen ein zu hoher Baumwuchs aufgrund von Strommasten nicht möglich war, Weihnachtsbaumplantagen mit jungen Fichten oder Tannen angelegt. 6.000 Bäumchen wurden pro Hektar über 7-8 Jahre großgezogen, jedes einzelne beim Einpflanzen mit einer Wattehaube auf der Baumspitze versehen, damit es nicht vom Wild angeknabbert wurde. Denn war die Spitze ab, wuchs der Baum nicht weiter. Und weil es im staatlichen Handel zu wenige Weihnachtsbäume gab, machte sich der eine oder die andere auf eigene Faust mit einer Säge auf in den Wald und klaute sich sein Bäumchen mit der Begründung, es wäre ja sowieso „Volkseigentum“.     

Rund 38.000 Weihnachtsbäume wurden 1978 im Forstwirtschaftsbetrieb Hildburghausen eingeschlagen. 23.000 davon waren für die Hauptstadt Berlin bestimmt. Weitere Lieferungen gingen in die industriellen Ballungsgebiete Leipzig, Halle und Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz). Suhl, 1978
Quelle: © Bundesarchiv / ADN ZB Schaar
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Noch mehr Informationen

Alle Quellen zum Beruf sowie eine ausführlichere Beschreibung findet Ihr hier in diesem PDF.
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