Kellner

Beschäftigte (M/W)

Männlich & Weiblich

Ausbildungsdauer (Monate)

24

Schulabschluss (Klassen)

10

Küchenfrauen und Kellner im Restaurant eines Kulturhauses in Eberswalde, DDR 1980 Quelle: © Roger Melis

Eigenschaften des Berufes

Kreativität

Kommunikation

Bewegung

Soziales

Gehalt

Politik

„Bitte warten. Sie werden platziert!“.

Wenn man als Kellner in einer der ca. 25.700 Gaststätten der DDR arbeitete, hatte man durchaus ein gewisses Machtpotential, denn in den gastronomischen Einrichtungen herrschte Mangel. Neben der häufig dürftigen Versorgungslage war das auch Platzmangel – vor allem in den Restaurants an Urlaubsorten. Da stand man fürs Mittag- oder Abendessen oft Schlange, obwohl es nichtbesetzte Plätze gab. Eingeschränkte Speisenauswahl und ein frühzeitiger Küchenschluss waren keine Seltenheit. Durch den zunehmenden Tourismus und Reiseverkehr in der DDR stieg auch die Anforderung an die Qualifikation für diesen Beruf. Kellner sollten durch ihre Arbeits- und Verhaltensweise gegen- über in- und ausländischen Gästen das Niveau der Gastronomie in der DDR repräsentieren. Trotzdem waren unfreundliche Kellner, die mit einem Trinkgeld gnädig gestimmt werden mussten und eher widerwillig die Gäste bedienten, häufige Vertreter ihrer Zunft.


„Die deutsche Küche der DDR war abgeschirmt gegen Einflüsse von außen, es sei denn, es handelte sich um Pilze aus Polen, eine Suppe aus Russland oder Buletten aus Bulgarien, die unsere an Nahrhaftigkeit noch übertrafen. Die kalorienschwere DDR-Küche machte uns zu braven Bürgern, beschäftigt mit ‚Ranschaffen und Verdauen‘. Ein voller Bauch rebelliert nicht gern – das wussten Partei und Regierung. “


aus "Der Geschmack des Ostens" von Jutta Voigt

Kellnerinnen an der Warenausgabe, Waren, DDR 1985, Quelle: © Deutsche Fotothek / Gerhard Weber

Kriterien des Berufs

Einstellungsvoraussetzungen

Für die Ausbildung zur Kellnerin oder zum Kellner musste man außer einem mittleren Schulabschluss einiges draufhaben. Geistige Gewandtheit und eine schnelle Auffassungsgabe sowie Verantwortungsbewusstsein waren Grundvoraussetzungen. Ebenfalls wichtig war die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, gepaart mit guten Umgangsformen und einer guten Aussprache. Sinn für Ordnung und Organisationsvermögen wurden erwartet. Eine gute körperliche Konstitution mit einem gesunden Herz-Kreislauf-System, normales Hör- und Sehvermögen musste man auch mitbringen. Und schließlich war neben Ehrlichkeit, Geduld und Ausdauer auch ein parteiliches und gewandtes Auftreten entscheidend. Den zukünftigen Auszubildenden wurde in einer Werbebroschüre außerdem empfohlen, vorab einen Kurs „Russische Konversation“ zu absolvieren. In diesem Beruf durfte man Schichtdienst nicht fürchten und musste ein hohes Stresslevel aushalten. Außerdem wurde in fast allen Gaststätten geraucht.

Bedienung am Zapfhahn im Edelrestaurant Savarin in Magdeburg, DDR 1986. Partei- und Staatsführung des Arbeiter- und Bauernstaates versuchten durch Zulassung privater Handwerksbetriebe bestehende Versorgungsmängel in den Griff zu bekommen.
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Klaus Mehner
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Arbeitsfelder

So umfangreich die Einstellungsvoraussetzungen waren, so ausgedehnt waren die Arbeitsfelder. Neben dem täglichen Eindecken der Tische im Gastraum, dem Putzen von Gläsern, Besteck und Geschirr und dem Vorbereiten der Serviertische und der Buffets in den Restaurants, mussten Gäste empfangen und bei der Speiseauswahl beraten werden. Und selbstverständlich sollten die bestellten Speisen auch fachgerecht serviert werden. Wenn Gäste nach dem Essen bezahlten, waren das Kassieren, die Abrechnung und die Rechnungslegung wichtig – viele beherrschten das Kopfrechnen bis 100 inklusive Kommastellen im Schlaf. Übrigens bezahlte man fast immer mit Bargeld und gelegentlich mit Schecks, denn Kartenzahlung in Deutschland gab es erst ab 1990.

Die Einsatzorte waren ebenfalls vielfältig, denn es gab Speisen und Getränke nicht nur in Restaurants, sondern auch in Gästehäusern, Ferienheimen, Hotels, Bars, Cafés und Diskotheken sowie in Zügen, Bahnhöfen und bei der Seerederei der DDR. In ausgesuchten Lokalen in den großen Städten der DDR hatten Kellner Kontakt zu Gästen aus dem westlichen Ausland, insbesondere in Berlin und während der Leipziger Messe.

Die Serviererinnen Katrin und Lydia decken Tische ein im renommierten Restaurant Ratskeller in Dresden, DDR 1988
Quelle: © IMAGO / Sächsische Zeitung  
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Aus- und Weiterbildung / Karriere

Ausbildungsmöglichkeiten zum Kellner gab es in allen Bezirken der DDR. Meist wurde der berufstheoretische Unterricht zentralisiert für mehrere Ausbildungsbetriebe durchgeführt. Der berufspraktische Unterricht erfolgte ab Ausbildungsbeginn in den einzelnen Gaststätten und Restaurants, teilweise aber auch zentralisiert in einem Objekt. Dabei waren die Auszubildenden zunächst Mitglieder eines Lehrlingskollektivs, später wurden sie dann unter der Anleitung von erfahrenem Lehrpersonal in den Arbeitskollektiven ausgebildet. In jedem Fall wurden sie in den letzten Monaten ihrer Ausbildung bereits an ihrem künftigen Arbeitsplatz eingesetzt. Die Gaststätten ergänzten fehlendes Personal in Urlaubsgebieten oder an touristischen Plätzen häufig durch unausgebildete saisonale Arbeitskräfte.

Man konnte in diesem Beruf Oberkellner oder Serviermeister werden und sich mittels eines Fachstudiums zum gastronomischen Leiter weiterbilden. Die Planwirtschaft sah für das Jahr 1991 DDR-weit 1600 Ausbildungsplätze vor. Sehr schwer hingegen war es, ein eigenes Lokal zu eröffnen, da die gastronomischen Einrichtungen fast alle verstaatlicht wurden.

Wettbewerb der Kellner und Kochlehrlinge vor einer Prüfungskommission 1986 in Karl-Marx-Stadt, DDR
Quelle: © IMAGO / Harry Haertel   
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Gehalt & Bedeutung für die Volkswirtschaft

Das Gehalt eines Kellners oder einer Kellnerin entsprach dem Durchschnittslohn der DDR und rangierte zwischen 800 und 1000 Mark. Je nach Lokalität kam reichlich Trinkgeld dazu und somit verdiente man in diesem Berufszweig ordentlich Geld. Auch bei den 25.700 Gaststätten der DDR griff die staatliche Kontrolle. Private Gastronomen wurden nach und nach von der staatlichen Handelsorganisation (HO) verdrängt und so befanden sich 1980 nur noch weniger als ein Fünftel aller Restaurants in privater Hand, 1950 waren es noch zwei Drittel gewesen. Der Umsatz der Gaststätten machte ein Zehntel vom Gesamtumsatz im Einzelhandel der DDR aus, Tendenz steigend.

Die Preise in den Gaststätten waren streng geregelt, allerdings gab es in den verschiedenen Restaurants unterschiedliche Preisniveaus. So kostete das Mittagessen Gulasch mit Kartoffeln und Gemüse in einer einfachen Gaststätte mit Preisstufe 1 nur 2,35 Mark, während eine Ungarische Gulaschsuppe der MITROPA in den Zügen der Reichsbahn 4,20 Mark kostete. Teurer war es in den Restaurants der Interhotels, die häufig auch ausländische Tourist: innen und Dienstreisende aus den westlichen Ländern beherbergten. Bei Preisklasse 4 kostete ein Essen für vier Personen schnell über 60 Mark. Einen Tisch ohne Beziehungen zum Personal zu bekommen, war fast nicht möglich.

Gäste trinken Kaffee auf der Außenterrasse eines Hotels, Ückeritz auf Usedom, DDR 1981
Quelle: © ddrbildarchiv / Manfred Uhlenhut  
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Transformation

Schon bald nach dem Mauerfall 1989 passte das Gaststättenpersonal seine Verhaltensweisen an die bekannten Standards an. Man wurde freundlicher und aufmerksamer, denn es gab plötzlich Konkurrenz. Es öffneten zahlreiche neue Cafés und Restaurants. Dort arbeitete auch nicht ausgebildetes Personal, z.B. Studentinnen und Studenten. Softdrinks, Warsteiner und Co. wanderten in den letzten Monaten der DDR auf die Getränkekarten und die Preise stiegen. Die Gaststätten und Eckkneipen waren ein wichtiger sozialer Treffpunkt für die Menschen. Ohne die Subventionen des DDR-Staates, die das Bier billig und die Mieten niedrig gehalten hatten, mussten viele davon schließen.

Eine geschlossene Gaststätte in Bitterfeld, drei Monate nach Öffnung der Mauer, Februar 1990, DDR
Quelle: © IMAGO / Rainer Unkel
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Extra 1

Es gab zahlreiche Spezialitätenrestaurants in der DDR. Das vielleicht exotischste davon war der „Waffenschmied“ in Suhl, im Süden der DDR. Dort gab es japanische Gerichte und einen Swimmingpool, in welchem die Gäste nackt im warmen Wasser saßen und bedient wurden. Wartezeiten für einen Besuch dort: bis zu einem Jahr! Rolf Anschütz, der japanbegeisterte Gastronom wurde so bekannt, dass unter der Viertelmillion der Besucher auch 16.000 aus Japan waren. Nach der Wiedervereinigung wurde über seine Geschichte der Spielfilm „Sushi in Suhl“ gedreht.

Eine kulturelle und kulinarische Sensation der DDR ist das japanische Restaurant „Zum Waffenschmied“ in Suhl. Die Gäste säubern sich, sitzen dann mit japanischem Sake nackt im 39 Grad warmen Pool, werden von thüringischen Geishas bedient und schreiten nach dem Bad zum exotischen „Sushi“. 1981, DDR
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Harald Schmitt   
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Extra 2

Neben der einheimischen Küche orientierten sich die Restaurants kulinarisch überwiegend an Spezialitäten des östlichen Europas und auch bei der ebenfalls staatlich kontrollierten Benennung der Gerichte versuchte sich die DDR vom westlichen Ausland abzugrenzen. So wurden in Ostberlin Pizza-Lokale bis Ende der 1980er Jahre als „Krusta-Stube“ bezeichnet, Hamburger als „Grilletta“. Die Ketwurst, eine Brühwurst, die mit Ketchup im Brot angeboten wurde, kennen Menschen, die in der DDR das Schnellrestaurant am Alexanderplatz besuchten.

Ketwurst-Stand am Alextreff , Alexanderplatz, Berlin Mitte, 1989
Quelle: © Bundesstiftung Aufarbeitung / Harald Hauswald
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Noch mehr Informationen

Alle Quellen zum Beruf sowie eine ausführlichere Beschreibung findet Ihr hier in diesem PDF.
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